Audience: teachers, youthworker

Die Entwicklung und Verbreitung von digitalen Medien hat die Art und Weise wie junge Menschen kommunizieren, lernen, arbeiten und ihre Freizeit gestalten, verändert. Vor dem Hintergrund der starken Verbreitung digitaler Medien wird oft fälschlicherweise angenommen, dass Kinder und Jugendliche diese kompetent nutzen oder aber nach und nach einen kompetenten Umgang mit diesen entwickeln. Für einen souveränen Umgang mit den digitalen Medien sind Schlüsselkompetenzen notwendig. Um diese entwickeln zu können, sind sie auf Unterstützung angewiesen. Unser Ziel sind junge Menschen, die sich weiterentwickeln, sich mit anderen vernetzen und über digitale Medien an der Gesellschaft teilhaben können, um dadurch zu einer Entwicklung der Gesellschaft, in der sie leben, beitragen zu können.

Im Bereich der Jugendarbeit herrscht europaweit ein großer Bedarf an einem gemeinsamen Bezugsrahmen dafür, was es bedeutet, in einer zunehmend mediatisierten Welt die digitalen Medien souverän zu nutzen und dadurch die Qualität der Jugendarbeit und der schulischen Bildung im Bereich der Medienbildung zu erhöhen. Der gemeinsame europäische Standard zur Förderung von Medienkompetenz in der Jugendarbeit (EMELS) bietet Fachkräften ein Instrumentarium die Entwicklung von Medienkompetenz junger Menschen zu unterstützen.

EMELS ist ein Projekt, das im Erasmus+ Programm der Europäischen Union als strategisches Partnerschaftsprojekt von Fundacja Nowoczesna Polska (Polen), JFF – Institut für Medienpädagogik (Deutschland), Centro Zaffiria (Italien), Karpos (Griechenland), Ariel Trust (Großbritannien) entwickelt sowie von Imec/Mediawijs und der Evens Foundation (Belgien) kofinanziert wurde.

Der EMELS-Standard

Der EMELS-Standard beschreibt Medienkompetenz als einen Prozess der Vorbereitung von pädagogischen Fachkräften der Jugendarbeit und Jugendlichen auf einen kompetenten Umgang mit digitalen Medien. Der Standard besteht aus fünf Kompetenzbereichen und 16 Einzelkompetenzen sowie aus praktischen Beispielen für die Förderung von Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen, die auf jede Kompetenz angewendet werden können. Die Kompetenzen werden außerdem durch Best Practices und Schulungsressourcen ergänzt.

Welchen Nutzen hat der EMELS-Standard für Sie als pädagogische Fachkraft?

Der Standard trägt zur laufenden Diskussion über das Verständnis und die Entwicklung digitaler Kompetenzen junger Menschen bei. Dadurch werden Initiativen zur Förderung digitaler Kompetenzen in der Jugendarbeit unterstützt mit dem Ziel, einen souveränen Medienumgang von Jugendlichen zu fördern.

Wozu kann der Standard genutzt werden?

  1. Selbsteinschätzung des eigenen Medienkompetenzniveaus
  2. Bewertung des Medienkompetenzniveaus anderer
  3. Festlegung von Lernzielen und zum Ermitteln von Trainingsmöglichkeiten
  4. Organisation und Planung von Projekten

Leitfaden zur Umsetzung des Standards

Der Standard wurde unter Einbezug von wissenschaftlichen Hintergründen und praktischen Erfahrungen entwickelt. Bisher wurde er aber noch nicht getestet. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die verschiedenen Bereiche und Kompetenzen weiterentwickeln (müssen), sobald sie in einem realen Kontext der Jugendarbeit angewandt werden. Sie als pädagogische Fachkraft entscheiden, über welche Kompetenzen ihre Zielgruppe schon verfügt, und wo noch Unterstützungsbedarf herrscht.

Möchten Sie mehr über den Entstehungsprozess des EMELS-Standards erfahren? Lesen Sie mehr darüber auf emels.eu. Fragen oder Anmerkungen? Kontaktieren Sie uns per Mail jff@jff.de.

Informationen und Daten

Digitale Informationen suchen, analysieren, vergleichen und kritisch bewerten können

  • Bei der Suche nach Informationen nutze ich mehrere Quellen, um das Suchergebnis besser beurteilen zu können.
  • Ich suche nach Indikatoren für eine zuverlässige Information: Autor*in (seine/ihre Fachkompetenz), Institution, die die Information veröffentlicht hat, Verweise auf andere Quellen, Zeitpunkt der Veröffentlichung, verwendete Sprache, Bewertung der Nutzer*innen, Kommentare etc.
  • Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass es Menschen gibt, die falsche Angaben machen, um ihre Anliegen zu unterstützen (z. B. gefälschte Nachrichten/Fake News).
  • Ich kenne grundlegende Mechanismen von Suchmaschinen (Erstellung eines Suchbegriffs, Verwendung von Schlüsselwörtern, Wissen darüber, warum bestimmte Websites ganz oben auf der Ergebnisliste stehen).
  • Ich bin mir bewusst, dass die Informationen, auf die ich über Suchmaschinen oder Social Media-Plattformen zugreifen kann, von Schlüsselwörtern, Algorithmen und meiner Suchhistorie abhängig sind, daher erhalten verschiedene Nutzer*innen unterschiedliche Informationen.

Mediengestaltung und Kommunikation

Medienprodukte erstellen und kritisch beurteilen (Film, Foto, Videokunst, Plakate etc.)

  • Ich weiß, dass Medienprodukte eine eigene audovisuelle Sprache haben und mithilfe verschiedener Mittel wie Kameraeinstellung, Licht, Ton etc. eine bestimmte Aussage transportiert werden kann.
  • Ich bin mir dessen bewusst, dass unterschiedliche Gestaltungs- und Ausdruckselemente zum Einsatz kommen, um Medienprodukte für verschiedene Genres und Unterkategorien (z.B. Kino, Fernsehen, Internet; Fiktion, Dokumentation, Comedy, Thriller, Science Fiction, Live Shows, Reportage, Kommentar etc.) zu produzieren. Ebenso weiß ich, dass schriftbasierte Medienangebote je charakteristische Merkmale aufweisen (z.B. ein Blog unterscheidet sich von einer Pressemitteilung, einem Artikel, einer E-Mail oder einem Facebook-Post).
  • Ich kann meine Meinung zur Aussage eines Films bzw. Videos formulieren, diskutieren und teilen. Was halte ich von der Story des Films, welche filmsprachlichen Mittel wurden eingesetzt etc. Vor diesem Hintergrund kann ich einen Argumentationsrahmen entwickeln, um in einer Gruppe zu diskutieren.
  • Ich weiß, dass Medien einen Ausschnitt der Realität darstellen, dass bspw. ein Reporter entscheidet, wen er interviewen will, wo das Interview stattfinden soll, welche Fragen er stellt etc., und damit bestimmte Informationen mehr Gewicht haben als andere.
  • Ich weiß, dass mediale Produkte nicht nur das wiedergeben,was sie offensichtlich zeigen, sondern immer auch in einen kulturellen Kontext eingebettet sind und auch die Zeit, in der sie entstehen, eine Rolle spielt.
  • Ich bin mir dessen bewusst, dass das Setting, in dem ich ein Medienprodukt rezipiere (z.B. allein zuhause, gemeinsam mit einer Gruppe, auf einer öffentlichen Veranstaltung) meine eigene Wahrnehmug beeinflussen kann.

Unterschiedliche Tools, Equipment und Programme kennen und nutzen

  • Ich kenne mich mit unterschiedlicher Technik aus (ich kann einen Drucker oder eine Computerspielkonsole einrichten, wie auch mit einer Videokamera oder mobilen Geräten umgehen etc.).
  • Ich kenne mich mit Software und Apps für den kreativen Einsatz von Medien aus (z.B. für die Bearbeitung von Fotos, Audios und Videos, Office Software, Game Design Engines).
  • Ich kann Informationen für unterschiedliche Medien und unterschiedliche Zielgruppen aufbereiten
  • Ich kann Inhalte in unterschiedlichen Formaten präsentieren (als Blog, auf YouTube, als Ausstellung etc.)
  • Ich kann einfache technische Probleme beheben bzw. weiß, wo ich nachschauen muss, um eine Lösung zu finden, z.B. in einem thematisch passenden Online-Forum.

Mit neuen Technologien experimentieren und Medien innovativ nutze

  • Ich experimentiere mit neuen interaktiven und ästhetischen Möglichkeiten (z.B. die Einrichtung einer interaktiven Sound-Installation im Jugendzentrum)
  • Ich experimentiere mit Coding, Hardware und Software und versuche, sinnvolle Verlinkungen zu Inhalten und Aktivitäten von Jugendarbeit herzustellen.
  • Ich erkenne den Wert der ‘remix culture’ für die Jugendarbeit, also vorhandenes mediales Material neu zu kombinieren und daraus etwas Neues zu schaffen

Sicherheit im Netz

Gefährdungen im Medienumgang erkennen und verstehen und angemessene Strategien zur Vermeidung von Gefahren entwickeln

  • Ich weiß, dass Social Media genutzt werden können, um andere auszugrenzen, zu verleumden und zu diskriminieren (Cybermobbing), um sexuellen Missbrauch zu begehen und andere auszunutzen. Ich ermutige junge Menschen, in solchen Situationen Hilfe aufzusuchen und Unterstützungsangebote in Anspruch zu nehmen.
  • Ich weiß, dass es wichtig ist, die Motivationen von Personen im Netz zu hinterfragen, z.B. um Phishing oder Manipulation zu vermeiden.
  • Es ist mir klar, dass extreme und extremistische Bewegungen Konflikte und Hass im Netz schüren, um ihre politischen Ziele voranzutreiben.
  • Ich nutze unterschiedliche und glaubwürdige Informationsquellen, um solchen Angeboten etwas entgegensetzen zu können.
  • Ich kann Antivirenprogramme und Spam Filter etc. installieren und nutzen.
  • Ich kann erkennen, ob ein Programm oder Netzwerk sicher ist.

Wissen über unterschiedliche rechtliche Vorschriften und Gesetze für Online- Inhalte (z.B. Urheberrecht, Persönlichkeitsrechte)

  • Ich weiß, dass ich Bilder von anderen nicht ohne deren Einverständnis verbreiten darf. Ich weiß, dass bei Minderjährigen das Einverständnis der Eltern notwendig ist.
  • Ich weiß, wie ich nach lizenzfreien Angeboten, z.B. Bilder, Musik, suchen kann.
  • Ich weiß, welche Angaben ich machen muss, wenn ich ein Bild für eigene Produkte verwende (Name der Autorin/des Autors, Link zur Quelle, Lizenzangaben)

Kenntnis verschiedener Geschäftsmodelle in den Medien, u.a. die Rolle von Werbung und User's Tracking

  • Wenn Objekte in einem Film auftauchen, deren Marke klar zu erkennen ist, dann weiß ich, dass das Unternehmen sehr wahrscheinlich dafür bezahlt hat und dies Teil der Marketing-Strategie ist.
  • Ich weiß, dass Zeitungen sowohl in ihren Printausgaben wie auch online oft gesponserte Inhalte enthalten, die sich in ihrer Aufmachung nur wenig von journalistischen Inhalten unterscheiden. Ich weiß, woran ich gesponserte Inhalte erkenne.
  • Ich weiß, dass (Medien)Unternehmen teils Web Content nur deshalb entwickeln, um mich dazu zu bringen, auf einen Link zu klicken, um zu einer bestimmten Webseite zu gelangen, weil sie an jedem Klick verdienen. Ich weiß, dass Clickbait-Inhalte meistens von minderer journalistischer Qualität sind und v.a. auf Emotionen und Kuriositäten setzen.
  • Ich weiß, dass meine Daten jedesmalaufs Neue registiriert werden,wenn ich auf einen Link klicke – z.B. auf Facebook, um sie später zu Marketingzwecken nutzen zu können. Ich weiß, dass ich Informationen dazu in den Datenschutzbestimmungen finde.
  • Ich weiß, was Cookies oder die Browser History sind, und wie ich sie ausschalten kann.
  • Ich weiß, dass mein Standpunkt festgestellt werden kann, während ich meine digitalen Geräte (z.B. Computer, Smartphone) nutze.

Kommunizieren in ethisch verantwortlicher Weise und entlang der Regeln der Netiquette

  • Ich weiß, dass es falsch ist, Hassbotschaften und vorurteilsbehaftete Nachrichten zu verbreiten.
  • Ich respektiere verschiedene Meinungen und bin offen für Dialog.
  • Ich setze mich für andere ein und unterstütze, wenn es darum geht, Angriffe oder Hate Speech zu melden.
  • Ich wähle verantwortungsbewusst aus, welche Inhalte öffentlich geteilt werden können und welche nur einem bestimmten Kreis zugänglich gemacht werden sollten.

Schutz der Privatsphäre im Netz

  • Ich weiß, dass ich sobald ich etwas online über mich zur Verfügung stelle, keine absolute Kontrolle mehr über diese Inhalte habe. Es ist unmöglich, einmal online zur Verfügung gestellte Inhalte komplett zu löschen und sie können mir lange nachhängen.
  • Ich überprüfe und aktualisiere meine Privatsphäre-Einstellungen regelmäßig.
  • Ich wähle starke Passwörter und verwahre diese sorgsam.

Wahrung der Jugendmedienschutzgesetze

  • Ich kenne die Jugendschutzvorgaben.
  • Ich kenne die USK-Alterskennzeichnungen und die europäischen PEGI-Vorgaben und kann anhand derer für meine Zielgruppe passende Spiele auswählen.
  • Ich kann Filtersoftware installieren und so die Gefahr verringern, dass Kinder und Jugendliche auf gefährliche oder gefährdende Inhalte stoßen.

Gesellschaftliche Teilhabe mittels Medien

  • Ich kann meine Meinung in einer öffentlichen Diskussion vertreten (in Foren, auf Social Media Plattformen, bei öffentlichen Anhörungen).
  • Ich kann Unterstützung für eine Idee organisieren, beispielsweise indem ich eine Online Petition starte und bewerbe.
  • Ich kann mediale Tools nutzen, um meine Community vor Ort zu aktivieren.

Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen verstehen

Wissen, wie junge Menschen Medien nutzen und was ihre Wahl beeinflussen kann (z.B. Alter, Geschlecht, soziokultureller Hintergrund)

  • Ich weiß, wo ich regelmäßig erhobene Daten zur Mediennutzung junger Menschen finde. Ich beobachte Kinder und Jugendliche, wie sie ihr Smartphone in verschiedenen Situationen benutzen, z.B. in ihrer Freizeit, mit Freund*innen, beim Lernen, in einem Workshop.
  • Ich spreche mit Kindern und Jugendlichen darüber, wie sie die Medien nutzen.
  • Ich frage nach ihren Lieblingswebsites, welchen YouTubern sie folgen, wofür sie ihre Smartphones nutzen etc.

Wissen, wo es Informationen und Ressourcen zur Medienkompetenz von Praktiker*innen oder Forscher*innen gibt

  • Ich verfolge Nachrichtenartikel und Blogs über neue Trends in den Medien.
  • Ich tausche gute medienpädagogische Praxisprojekte mit anderen aus.
  • Ich suche nach neuen oder aktualisierten Schulungsmaterialien über Medienkompetenz und junge Menschen.

Konstruktiv auf die Anliegen von Lehrkräften und Eltern in Bezug auf die Medien reagieren können

  • Ich kann Kommunikationsstrategien vorschlagen, die Eltern und Lehrer*innen nutzen können, um mit Jugendlichen über Mediennutzung zu diskutieren.
  • Ich kenne Verhandlungsstrategien, die jungen Menschen helfen sollen, ihre Grenzen zu erkennen.
  • Ich kann den Begriff “Sucht” definieren und Quellen für Beratung und Unterstützung in Bezug auf Mediensucht ausfindig machen.
  • Ich weiß um die Panikmache in Bezug auf Medien und bin mir bewusst, dass ein ruhiger und vernünftiger Umgang mit der Mediennutzung junger Menschen notwendig ist.

Aus- und Weiterbildung

Eine pädagogische Aktivität (z.B. ein Workshop, ein Festival) Schritt für Schritt gestalten können

  • Ich kann vorhandene medienbezogene Fähigkeiten und Kompetenzen meiner Zielgruppe erkennen.
  • Ich kann geeignete Aktivitäten für meine Ziele auswählen.
  • Ich kann Hilfsmittel und Strategien für Partizipation und Engagement einsetzen.
  • Ich kann einfache Hilfsmittel für die Überwachung und Bewertung vorbereiten.
  • Ich kann innovative Wege finden, um Medien-Tools zu nutzen.
  • Ich kann Inspiration aus anderen Bereichen nutzen, um Medienaktivitäten zu entwickeln

Wissen auf den neuesten Stand bringen und Fähigkeiten im Bereich des lebenslangen Lernens entwickeln

  • Ich weiß, wo ich mich über neue Tools und Anwendungen informieren kann, z.B. App Stores, Blogs, spezielle Social Media Gruppen.
  • Ich benutze Online-Quellen (z.B. Tutorials, Foren), wenn ich lerne, ein neues Tool zu verwenden.
  • Ich tausche Erfahrungen mit Kolleg*innen aus der Jugendarbeit aus, z.B. durch die Teilnahme an Netzwerken.
  • Ich nehme an Schulungen zu technischen, ästhetischen, pädagogischen und rechtlichen Fragen teil, die meinen Bedürfnissen entsprechen.

Diese Projektbeschreibung wurde im Rahmen des Projekts EMELS erstell.

Der Text gibt lediglich die Sicht der Autorin bzw. des Autors wieder, die Europäische Commission kann nicht für den Inhalt verantwortlich gemactht werden.